Werkbund – Reformer, Neoklassizisten, Jugendstilkünstler, Heimatschützer, Denkmalpfleger!
Zahlreiche Architekten griffen um 1900 die innovativen Potenziale im Bauwesen nicht konsequent genug auf. Im Vergleich zu ihnen preschten Ingenieure und Naturwissenschaftler, Künstler, Musiker und Autoren vor dem Ersten Weltkrieg als radikale Erneuerer voraus. Viele Menschen aus der jüngeren Generation wandten sich gegen Konzeptlosigkeit, gegen Übersättigung und Stagnation in der Baukunst, gegen wahllos adaptierte Bauformen, ja gegen die Auswüchse einer profitorientierten Konsumgesellschaft. Jedermann konnte die Auflehnung nicht nur in der Avantgarde erkennen, sondern in der gesamten Lebenshaltung spüren. Die Gartenstadt- oder die Wandervogelbewegung waren Initiativen, die sich für ein Heraustreten aus gesellschaftlichen Zwängen, für einen Aufbruch in geistige Freiheit engagierten.
Das Erneuerungsdenken in der Architektur setzte besonders in den größeren Städten ein. Doch auch in kleineren Orten auf dem Land gab es Lebensreformer wie in Alfeld den Industriellen Carl Benscheidt, der Walter Gropius mit dem Fagus-Werk beauftragte. Allen Bauschaffenden ging es um ähnliche Ziele: neue Ausdrucksweisen zu finden für neue Bauaufgaben wie zum Beispiel für den Büro- und Fabrikbau, für neue Konstruktionstechniken wie den Eisen- und Skelettbau, für neue Materialien wie Beton, Glas und elektrisches Licht. Das Thema war dabei die Lebensreform schlechthin – mit dem Ziel eines neuen physischen Gleichgewichts und der seelischen Gesundheit der Menschen.
„Aber mit dem Loslösen von dem zum Formalismus erstarrten Stile war es nicht getan. Man musste aufbauen. Die Geschichte der nächsten dreißig Jahre ist die Geschichte eines seltsamen Suchens; man suchte seine eigene Zeit.“
Fritz Schumacher, 1935, zur Stimmung der Zeit 1900-1930