Die Suche nach dem Neuen beschäftigt seit jeher anspruchsvolle Architekten. Technische Perfektion und gestalterische Qualität sind ihre Triebkräfte. Weit vor diesem Ziel bilden sie individuelle Handschriften aus. Nicht selten entwickeln sie ein tiefes Verständnis für die Baukunst der Vergangenheit. Der innovative Durchbruch jedoch ist die seltene Krönung einer bahnbrechenden Kreativität.
Dieser Durchbruch gelang dem jungen Berliner Architekten Walter Gropius, als er 1911 mit dem Fagus-Werk in Alfeld eine traditionell geprägte Baukunst hinter sich ließ. Eine Baukunst, die man als historistisch einordnet und die heute als abgeschlossener Kosmos des 19. Jahrhunderts gilt. Mit einer genialen Idee brach Gropius aus dieser Welt aus, die trotz ihrer Vielfalt in Stagnation und langen Reformdebatten verharrt war. Der Erste Weltkrieg besiegelte schließlich das Ende dieser hochentwickelten Baukultur.
Das kurz vor Kriegsausbruch entstandene Fagus-Werk markiert den exzeptionellen Traditionsbruch und zugleich den Anfang einer neuen Architekturepoche. Bis dahin hatten die Architekten des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts zwar nach dem Neuen gesucht, jedoch zugleich den Monumenten vergangener Zeiten gehuldigt. Dabei konnten sie mit einem außergewöhnlich breiten Spektrum an architektonischen Möglichkeiten aufwarten. Ihre Entwurfsideen wirkten selbst nach dem Krieg noch lange fort.
Das im ersten Jahr der Weimarer Republik 1919 in Weimar gegründete Bauhaus, das sechs Jahre später nach Dessau umsiedeln musste, übernahm die führende Rolle für die innovativen Impulse in den verschiedenen Kunstsparten. Die Bauhauslehre war eine der programmatischen Bewegungen, die am Ursprung der Moderne des 20. Jahrhunderts stand, um den Historismus in komplexen Prozessen zu verdrängen.
Die innovative und die traditionelle Welt in Werken der Architektur gegenüberzustellen, ist das Thema dieser Ausstellung. Viele der Bauten, die in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, sind bis heute in hochwertigen Zeugnissen erhalten – auch in Niedersachsen. Sie zeigen den Bruch der Entwicklung, den Wandel und die Kontinuitäten, die Vielfalt des Gleichzeitigen. Vor allem bezeugen sie den Weg zu Anerkennung und Etablierung. Heute ist die niedersächsische Denkmalpflege ein Garant dafür, ihre hohe Qualität auch in Zukunft zeigen zu können.