„Unbelastet von klassischen Allüren, künstlerischer Begriffsverwirrung oder kunstgewerblichem Einschlag erstehen … die Zeugen einer neuen Zeit: Muster-Messe, Getreide-Silo, Music-Hall, Flug-Platz, Bureau-Stuhl, Standard-Ware. Alle diese Dinge sind ein Produkt der Formel: Funktion mal Oekonomie … Sie sind keine Kunstwerke … Idealerweise wird unser Wohnhaus eine Wohnmaschinerie.“
Hannes Meyer, 1927
Funktionalität, Gesundheit und Räume für eine neue Gesellschaft: Der Städte- und Siedlungsbau wird zum zentralen Thema der Moderne.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Weimarer Republik gehörte die Bewältigung der Wohnungsnot. Die großstädtischen Mietskasernen des Kaiserreichs und die Altstädte waren seit der Industrialisierung überfüllt und wurden als ungesund erkannt. Zusätzlich suchten hunderttausende Kriegsheimkehrer neue Wohnungen.
Statt den Städtebau des 19. Jahrhunderts mit seinen repräsentativen Straßenachsen und dichten Blockbebauungen fortzusetzen, wollte man neue Siedlungsformen für eine moderne Massengesellschaft entwickeln. Siedlungen mit einheitlichen Zeilenbauten, Gemeinschaftseinrichtungen und Grünflächen versprachen gesünderes Wohnen und damit bessere soziale Verhältnisse. Schulen, Sportanlagen und andere öffentliche Bauten gehörten ebenso zum Programm.
Mit der Vereinheitlichung der Wohnhäuser hielten die Rationalisierung und Typisierung Einzug ins Bauwesen. Die Ideale der modernen, funktionsgetrennten und aufgelockerten Stadt, die nach 1945 den Wiederaufbau prägten, wurden in den 1920er und frühen 1930er Jahren auf dem Gebiet im heutigen Niedersachsen nur in wenigen Fällen radikal umgesetzt. Häufig anzutreffen sind jedoch Projekte, die einzelne Aspekte des modernen Städtebaus aufgriffen.