„Das neue Haus soll sich deutlich als der Sproß unseres nordischen Kulturkreises bekennen und die Tradition genau da fortsetzen, bis wohin sie sich folgerichtig und gesund entwickelt hatte … Das Interregnum der großen Stil-Maskerade sollte eingekapselt und der Verödung überlassen werden.“
Paul Schultze-Naumburg, 1925
Fassaden wie in der Renaissance? Gotische Spitzbögen? Barocke Zierelemente? Auch dies ist Architektur der 1920er Jahre.
Während sich das Neue Bauen entwickelte, gaben manche Architekten die historische Formensprache nicht völlig auf.
Das Brunnentheater in Bad Helmstedt erscheint wie eine Renaissancevilla – und führt damit die Traditionen des Theaterbaus bruchlos fort.
Der Belgier Henry van de Velde, frühes Mitglied im Deutschen Werkbund, transformierte für das Heinemann-Stift in Hannover seine vor dem Ersten Weltkrieg gefundenen organischen Formen in das Baumaterial Klinker.
Bei der Wohnanlage des national-konservativen Veteranenvereins „Stahlhelm“ in Braunschweig wurden die Formen des Reformwohnungsbaus aus der Vorkriegszeit aufgegriffen, aber mit zeitgenössischem Art déco-Ornament überzogen.
Eine Fabriksiedlung in Goslar will mit ihrer Kleinteiligkeit, ihren Erkern und barocken Türen dagegen den Eindruck einer gewachsenen Kleinstadt aus der Zeit vor der Industrialisierung erwecken. Ihr Architekt Paul Schultze-Naumburg setzte mit dieser „heimeligen“ Architektur ein Gegenbild zu den rationalen Siedlungen des Neuen Bauens. Sie war ein politisch-ideologisches Statement gegen die Moderne und ihre Vertreter.