Berlin, Warenhaus Hermann Tietz, 1899-1900 von Bernhard Sehring sowie Lachmann & Zauber – geschossübergreifende Fensterbahnen, zu sehen an vielen großen Warenhäusern europäischer Metropolen (Landesdenkmalamt Berlin).
Berlin, Mommsenstraße 6, 1903-04 von Albert Gessner – asymmetrisch angeordneter Risalit, in der Reformarchitektur typisch (Wikipedia).
Berlin, Geschäftshaus Wallstraße 27, 1913 von Hoeniger und Sedelmeier – die freitragende Gebäudeecke: um 1900 eine der großen bautechnischen und gestalterischen Herausforderungen (Landesdenkmalamt Berlin).
Alfeld, Fagus-Werk, Hauptgebäude, Eingangsseite, Aufnahme 1999 – rechtwinklig angeordnete Eckfenster, asymmetrischer Eingangsrisalit und Flachdach (Fagus-GreCon).
Alfeld, Fagus-Werk, Hauptgebäude, Aufnahme von Albert Renger-Patzsch 1928 – geschossübergreifende Fensterbahnen, geböschte Wandpfeiler, Leuchten-Ausleger wie an Warenhausfassaden (Bauhausarchiv Berlin).
Wien, Haus Scheu, 1912-13 von Adolf Loos – programmatischer Verzicht auf Schmuck und Dekor an Neubaufassaden (Wikipedia).

Die Motive, aus denen der kaum dreißigjährige Walter Gropius die Architekturinnovation des Fagus-Werkes in Alfeld gestaltete, waren ihm um 1910 aus den damaligen Metropolen der Architekturentwicklung hinlänglich bekannt. Sie gedanklich in Einzelteile zu zerlegen, in neuer Komposition wieder zusammenzusetzen und sachlich-klar zu gliedern, war seine bahnbrechende, geradezu geniale Idee.

Dies gelang ihm zum Beispiel, indem er fast nur schlichte, umso strenger ausgebildete kubische Formen verwandte. Oder indem er einen asymmetrisch angeordneten Risalit an der Stirnseite des Hauptgebäudes verkürzte. Oder äußeren Bauschmuck und zeittypische Gliederungselemente gezielt negierte. Zum Beispiel auch, indem er die geschossübergreifenden Fensterbahnen konsequent vor die Wand zog und die tragenden Pfeiler dazwischen anböschte. Und indem er, ebenso gegen die Regeln der Tradition, die tragende Konstruktion hinter den transparenten Ecken verschwinden ließ.

Mit seiner neuen Komposition gelang ihm die Initialzündung zu dem wenig später weltweit wahrgenommenen Stilwandel der Architektur. Alfeld in Niedersachsen ist die Stadt, in der das Jahrhundert der architektonischen Moderne aufblühte.

„Ornamentlosigkeit ist ein Zeichen geistiger Kraft.“

Adolf Loos, 1908

Berlin, AEG-Turbinenfabrik, 1908-09 von Peter Behrens und Karl Bernhard – geböschte Wandpfeiler und ein vor die Wand gezogener ‚Fenstervorhang‘ (Landesdenkmalamt Berlin).
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